VÖLKEL REAL ESTATE zählt seit vielen Jahren zu den bekanntesten und größten deutschen Shopping Center-Managementgesellschaften. Das von Dirk Völkel in Hamburg gegründete und dort auch ansässige Unternehmen legt großen Wert auf ein ausbalanciertes Verhältnis zwischen Eigentümer, Manager und Mieter und hat dabei stets auch die ständig sich ändernden Kundenbedürfnisse im Blick. Wie der Unternehmensgründer auf die jüngsten Entwicklungen innerhalb der Branche schaut, verrät er im Interview mit HI HEUTE-Chefredakteur Thorsten Müller.
HI HEUTE: Viele deutsche Shopping Center überdenken seit längerem ihren Angebotsmix. Was sollte aus Ihrer Sicht dabei im Vordergrund stehen?
Dirk Völkel: Nichts besonders Neues: Ein zufriedener Kunde, der zu einem hohen Prozentsatz bekommt, was er möchte und ab und zu positiv überrascht wird. Dazu ist die konsequente Ausrichtung auf chancenreiche Kundensegmente erforderlich. Marketing im ganzheitlichen und besten Sinne. Sich die Fragen zu stellen, wer ist mein Kunde, was möchte er, welche Bedürfnisse hat er? Kann ich Bedarf daraus generieren und befriedigen? Welche Kunden kann ich in Abgrenzung zum Wettbewerber hinzugewinnen? Das ist unsere klassische Vorgehensweise in unseren Centern und Consulting-Mandaten. Analyse, Segmentierung, Clusterung, Zielformulierung, Strategische Positionierung, Ausrichtung aller Maßnahmen darauf. In harten Fakten sind das die Optik des Centers, das Erscheinungsbild, also die Schale, und darin der Kern mit dem zugeschnittenen Branchen- und Mietermix gepaart mit den weichen Faktoren wie das passende Serviceangebot und Marketing. Der guten Kommunikation mit den Kunden kommt hierbei eine Schlüsselrolle zu. Hiermit ist Austausch, Dialog gemeint, keine penetrante Dauerbeschallung.
HI HEUTE: Wie schauen Investoren auf die derzeitige Situation? Worauf kommt es denen an?
Dirk Völkel: Die Frage ist erst einmal, um welchen Typ Investor es überhaupt geht. So gibt es opportunistisch orientierte Investoren, die nur auf die Gelegenheit zum Kauf von Einkaufszentren warten. Sobald sich eine Gelegenheit bietet, ein chancenreiches Objekt unter der Berücksichtigung der hoher Eigenkapitalrenditeerwartungen zu erwerben, werden sie zuschlagen. Für längerfristige Bestandshalter geht es um die Optimierung in allen Bereichen: Stabilität des Investments, Chancen zur Optimierung des Mixes nutzen, operative Betriebskosten zugunsten des Mietertrages, aber auch der beim Vermieter verbleibenden Kosten (aus Leerstand oder Deckelung in Ankermietverträgen) senken. Hierzu werden gerade im Bereich Energiekosten auch hohe Investitionen getätigt, die eine zügige Amortisation bzw. bessere Steuerung unter dem Gesichtspunkt „bedarfsgerechte Verbräuche“ ermöglichen. Finetuning ist angesagt und das ist gut so.
HI HEUTE: Besucherinnen und Besucher wünschen sich nicht nur originelle Läden und regelmäßige Events, sondern vor allem guten Service. Wie gelingt es Ihnen als erfahrener Centermanager diesen kontinuierlich zu verbessern?
Dirk Völkel: Zunächst einmal lohnt der Vergleich zum Ausland. Service fängt ja bei der richtigen Einstellung an, der Dienstleistungsmentalität. Diese ist z. B. bei italienischen Verkäuferinnen und Verkäufern weitestgehend selbstverständlicher als bei uns. Auch eine Servicekraft in der Gastronomie ist mit Ausnahme der deutschen Spitzengastronomie im Vergleich deutlich freundlicher unterwegs. Kellnerinnen und Kellner sind mit einem gewissen Stolz bei der Arbeit, wir sprechen hier nicht von Touristenhochburgen wie Venedig.
Da ist bei uns in Deutschland noch Potenzial nach oben. Am Ende des Tages sollen sich die Besucherinnen und Besucher im Center wohlfühlen. Eine solche Willkommenskultur ist das, was wir anstreben. Ich habe mir immer gemeinsame Veranstaltungen aller in einem Center arbeitenden Menschen gewünscht, auch Schulungen zu diesem Thema, ein gemeinsames Auftreten, ein „Wir sind das Center“. Das ist in den letzten Jahren leider zu sehr in den Hintergrund getreten. Das muss sich ändern und in den Vordergrund treten.
HI HEUTE: Was denken Sie, muss ein Center ansonsten sowohl für Mieter als auch Konsumenten tun, um langfristig Erfolg zu haben?
Dirk Völkel: Stetige Anpassungsfähigkeit an neue Entwicklungen und Bedürfnisse ist die Grundvoraussetzung. Mit wachem Blick auf Trends zu schauen, zu erkennen, welche nachhaltig sind, also länger wirken, und den Einfluss einschätzen. Center Management muss die Kunden kennen. Die schon angesprochene Kundenkommunikation, die heute leichter denn je ist, bietet den Ansatz. Seismografisch Veränderungen erkennen und frühzeitig (re-)agieren. Ich wünsche mir eine enge Zusammenarbeit mit den Mietpartnern, dann kann „Center“ in Summe seine Stärken ausspielen.
HI HEUTE: Apropos Mieter: Wie sehen Sie die Entwicklung der Mieten für die kommenden Jahre. Wird sich gegenüber der jetzigen Situation da noch deutlich etwas verändern?
Dirk Völkel: Die Mieten können sich derzeit natürlich nicht gravierend nach oben entwickeln. Erfolgreich revitalisierte Einkaufszentren im Portfolio, die jetzt außerordentlich hohe Frequenzzuwächse verzeichnen, können mit steigender Mietnachfrage auf die Flächen auch mit steigenden Mieten rechnen. Wir haben außerdem im Consulting gerade wieder ein langfristig bestehendes Objekt in guter Lage untersucht, das tatsächlich ein Upside Potential hat.
Das ist aber nicht die Masse der Objekte. Die Nachfrage und Expansionslust ist spürbar gestiegen, das alte Mietniveau vor der Pandemie selten zu erreichen. Über Indexierungen wird das Niveau sukzessiv steigen. Mehr ist im genannten Zeitraum nicht zu erwarten.
HI HEUTE: Digitalisierung, KI und ESG sind Schlagworte, ohne die heutzutage kein Centermanagement mehr möglich ist. Was tun Sie auf diesen Feldern?
Dirk Völkel: Sehr viel. Wie immer wieder kommuniziert, testen wir regelmäßig Proptechs, die wir dann beibehalten oder auch wieder verwerfen. Besonders wertvoll waren und sind jene Proptechs, die verbrauchsreduzierend im Bereich Energie wirken. Intelligente Steuerungssysteme, die messen, kontrollieren und steuern, bedienen alle drei Schlagworte. Die Gebäudetechnik muss zentral steuerbar gemacht werden. Die Maschine ist hier besser als der Mensch. Der Mensch setzt die Benchmarks. Die Maschine liefert gleichzeitig viele der Daten, die für die ESG-Zertifizierung nötig sind. Wir sind Mitglied bei ECORE und haben uns intensiv bei der Entwicklung des Fragenkatalogs in Bezug auf Einkaufszentren eingebracht.
Aber auch in der Analyse der Herkunft der Kunden, des Kundenverhaltens, der Frequenzverläufe, der Kundenkommunikation setzen wir auf digitale Unterstützung über Sensorik und Auswertungssoftware, Apps und soziale Medien. Wir haben schon immer viele Innovationen getestet, wie z. B. den videogestützten Einkauf von zuhause mit persönlicher Einkaufsberatung und verabredetem Terminen. Uns interessiert alles, was uns näher zum Kunden bringt.